Die Zukunft gehört den Älteren!
Allem Jugendwahn zum Trotz: den Alten gehört die Zukunft. Und es wird höchste Zeit, die Generation 60+ ernst zu nehmen. Warum? Eine Erklärung.
Die Bevölkerung altert. Das ist nicht neu. Aber jetzt, wo die 55-Jährigen bereits den höchsten Anteil an der Bevölkerung in der Schweiz ausmachen und immer mehr Babyboomer sich reihenweise in den Ruhestand verabschieden, fangen nicht wenige Unternehmen an, die bisher übersehene, belächelte und aufs Abstellgleis geschobenen Gruppe der Senioren endlich etwas ernster zu nehmen.
Getrieben ist dieser stärkere Fokus vor allem aus Eigeninteressen, allen voran von der nie dagewesenen Personalknappheit im Sommer 2022. Zur bekannten demographischen Entwicklung kommt derzeit das massive post-pandemische Wiederhochfahren der Wirtschaft – und damit die massenhafte Suche nach Personal, das während Corona eingespart wurde. Doch die Arbeitsmärkte sind wie leergefegt, und auch im Ausland können nicht genügend Bewerber rekrutiert werden. Da rücken die Älteren im Inland auf einmal auch als potenzielle Arbeitskräfte in den Blick der Unternehmen. Denn vor allem für Führungsfunktionen fehlen geeignete Bewerber:innen, so die NZZ hier.
Die jungen Alten haben noch viel vor
“Endlich!”, wird sich manch ein Senior denken. Denn angesichts der steigenden Lebenserwartung und dem hohen Lebensstandard in der Schweiz sind die jungen Alten fitter, mobiler, aktiver und digitaler denn je zuvor. 60 ist das neue 40, hört man oft. Denn vom geruhsamen Alter, von Rollator und Pflegeheim sind sie weit entfernt. «Ich langweile mich doch, wenn ich nur zu Hause sitze», sagt beispielsweise Remo U., 65, seit einem halben Jahr pensionierter Buchhalter aus Zürich. Und damit steht er nicht alleine da. Gerade die 60- bis 75-Jährigen möchten weiterhin eine Aufgabe haben, ihre Erfahrungen weitergeben, und damit auch sich selbst etwas Gutes tun. Denn – und das ist wissenschaftlich erwiesen – wer sich in zunehmendem Alter weiterbildet, neugierig und geistig fit ist, bleibt gesünder und kann somit auch mehr zum Arbeitsmarkt beitragen.
Auch wenn unsere Gesellschaft nach wie vor in einem regelrechten Jugendwahn lebt, ist Alter für beruflichen Erfolg keineswegs ein Nachteil. Das Gegenteil ist vielmehr der Fall, so zahlreiche Studien (beispielsweise in der HBR). Denn Wissen und Erfahrung, die Haupttreiber für Job-Performance, steigen mit dem Alter, sogar bis über 80. Kein Wunder, dass alle Welt mit Hochachtung auf Warren Buffet, den inzwischen 92-Jährigen Starinvestor aus den USA blickt, oder dass nur zwei der 46 US-Präsidenten am Ende ihrer Amtszeit unter 50 waren. Konrad Adenauer, erster deutscher Bundeskanzler und prägende Figur einer ganzen Ära, war bei seinem Rücktritt 87.
Beim Erlernen neuer Dinge gibt es ausserdem kein Alterslimit. Die 70-Jährigen sind offener als die 20-Jährigen, war erst kürzlich in der NZZ zu lesen, auf Basis einer Studie des Gottlieb Duttweiler Instituts (hier). Und wer hätte es gedacht, Start Up Gründer sind umso erfolgreicher, je älter sie sind.
Unternehmen müssen sich umstellen
Was hält Betriebe in der Schweiz also noch davon ab, mehr mit den Älteren zu arbeiten? Genügend motivierte Bewerber gibt es auf jeden Fall, allein die Online-Jobplattform seniors@work hat über 10’000 Kandidaten in der Datenbank. Oft sind bei den Unternehmen die Strukturen jedoch noch nicht darauf ausgelegt, Mitarbeitende zu beschäftigen, die etwas anderes suchen als eine klassische Vollzeitstelle. Doch genau darauf drängen die Pensionierten – Teilzeit in jedweder Form, idealerweise in hybriden Arbeitsmodellen mit Home-Office und freier Zeiteinteilung. Doch damit stehen sie nicht allein. Auch die Generation Z und die Millennials bevorzugen diese neue Art des Arbeitens – Stichwort «New Work». Daher ist der Wandel wohl nur noch eine Frage der Zeit.
Pensionäre sind auch Kunden
Doch nicht nur als Mitarbeitende, auch als Käufergruppe werden die Senioren immer relevanter für die Wirtschaft. Denn mit der steigenden Lebenserwartung, der (noch) guten Rente, beziehungsweise zukünftigen zusätzlichen Löhnen im Pensionsalter, wird die zahlungskräftige Klientel der über 60-Jährigen immer grösser.
Zielgerichtete Angebote für die Älteren können dabei noch deutlich ausgebaut werden, zumal die «Senioren» ja eine sehr grosses Segment sind, die um die 30 Jahre umspannen. Dementsprechend unterschiedlich sind ihre Interessen und Bedürfnisse. Und mit Produkten und Dienstleistungen allein ist es nicht getan. Vielmehr könnten die älteren Kunden auch von Leuten in ähnlichem Alter betreut werden – egal ob im Verkauf, in der Beratung, oder beim Telefonsupport.
Am Ende also schliesst sich der Kreis: weder auf Mitarbeiter- noch auf Käuferseite kommt man in Zukunft an den Alten vorbei!